Abendgespräch #10 – Die größte Kreuzung der Welt und die Bonner Seilbahn

Norbert: Ich schaue mir gerade nochmal die Fotos von Tokio an. Erinnerst Du Dich an die Kreuzung dort, die die größte Kreuzung der Welt sein soll? Mit dieser unglaubliche Menge an Menschen und Autos.

Britta: Ja, wie kommst Du darauf?

Norbert: Mir ging beim Lesen des GA in den letzten Tagen und den immer wiederkehrenden Themen Adenauerallee, Fahrradspuren, Parkplätze, Staus, Anlieferung von Geschäften etc. durch den Kopf, wie unterschiedlich Städte doch mit dem Thema Verkehr umgehen. In Tokio, der größten Stadt der Welt, hatte ich nicht das Gefühl, dass dort der Individualverkehr Priorität hat. Und in Brüssel werden die Straßen in der Innenstadt zurückgebaut, was das Zeug hält. In Paris soll es ähnlich sein. Wäre das nicht auch mal ein Thema für #Wir-sind-Stadt?

Britta: Ja klar, das Verkehrsthema steht aktuell auf der Agenda in jeder Stadt. Und ist auch in jeder Stadt emotional aufgeladen. Was überall sichtbar ist: Der Individualverkehr ist auf dem Rückzug. Mir ist aktuell keine Stadt bekannt, in der es irgendwelche Überlegungen zum Ausbau des Straßenverkehrs gäbe. Aber es gibt städtebaulich durchaus spannende Projekte mit ziemlich neuen Ansätzen und Überlegungen zum Verkehr. Darüber könnten wir wirklich mal berichten.

Norbert: Hier in Bonn gibt es ja auch das Seilbahnprojekt, die Anbindung der Uniklinik auf dem Venusberg. Das wird wohl noch einige heftige Diskussionen geben. In dem Zusammenhang kommt mir ein Aspekt deutlich zu kurz: Die Kosten für Fahrten im öffentlichen Nahverkehr.
Es ist doch eigentlich unsäglich, wieviel hier ein normales Ticket kostet. Eine Erwachsenen-Fahrt über sieben/acht Stationen schlägt mit 3,70 € zu Buche, eine vierköpfige Familie zahlt für eine Fahrt von Endenich zum Pützchensmarkt und zurück ungefähr 21-22 €. Das ist doch überhaupt nicht attraktiv und viel teurer als die Fahrt mit dem Auto.
Nahezu überall im Ausland wird der ÖPNV systematisch gefördert: Durch Vereinfachung der Nutzung und vor allen Dingen beim Preis. Das sehe ich hier nicht.

Britta: Zumindest die Nutzungsvereinfachung wird ja auch hier versucht, auch in Bonn. Aber Du hast recht: Immer und gerade wenn man aus dem Ausland zurückkommt, denkt man: Was ist denn eigentlich hier los? Warum geht hier nicht, was anderswo geht?

Norbert: Es ist wirklich schon fast ärgerlich. Aber da ist nicht nur Bonn am Zuge, sondern auch die Bundes- und Landespolitik muss sich das viel mehr auf die Fahnen schreiben, sonst wird das nichts. Man müsste vielleicht mal recherchieren, wieviel Geld jetzt aus den aktuell geschaffenen Sondertöpfen zusätzlich, ich betone wirklich: zusätzlich! in die Verbesserung des ÖPNV fließt. Ich bin mir auch bewusst, dass man Erfolge dabei nicht von heute auf morgen bemerken wird. Aber die Realisierung der Seilbahn zum Venusberg hätte neben der Verkehrsentlastung ja auch eine Symbolwirkung: Wir wagen jetzt mal was wirklich Neues und restaurieren nicht nur das Bestehende.

Britta: Ja ich glaube, mit diesem Gedanken hast Du Recht. Städtebaulich ist es erwiesen, dass die Auswirkungen solch innovativer Ansätze nicht nur in der konkreten Situation spürbar sind, sondern dass es auch positive Auswirkungen auf die emotionale Gemengelage der jeweiligen Stadtgesellschaft gibt. Und sowas täte Bonn nach dem WCCB-Desaster und der schwierigen Sanierung der Beethoven-Halle vielleicht auch mal ganz gut.
Danke Norbert, ich nehme Deine Anregungen mal mit auf in die weitere Planung von Beiträgen bei #Wir-sind-Stadt.

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